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Bäume veredeln: Verfahren und Tipps

Die Veredelung von Bäumen ist eine Technik in der Baumpflege und in der Forstwirtschaft. Sie kommt zum Einsatz, wenn man Bäume ohne Saatgut vermehren möchte. Was das bedeutet, welche Methoden es gibt und wie Sie die einzelnen Techniken angehen, erfahren Sie hier!

Baumveredelung – was ist das?

Bei einer Baumveredelung werden zwei Pflanzenteile miteinander zu einer neuen Pflanze kombiniert. Den unteren Teil, der die neue Pflanze im Boden verwurzelt, bezeichnet man als Unterlage. Den oberen Teil, der auf die Unterlage gesetzt wird, nennt man Edelreis.

Es kann unterschiedliche Gründe geben, weshalb man Bäume veredelt. Zum einen kann eine Veredelung eine gewünschte Sorte bewahren oder vermehren. Kleinkronige Obstbäume haben zum Beispiel mit 15–25 Jahren eine verhältnismäßig geringe Lebenserwartung für einen Baum. Wenn Sie also einen Obstbaum haben, den Sie am liebsten zweimal besitzen würden, oder auf jeden Fall erhalten möchten, dann ist die Veredelung die richtige Strategie für Sie. Hierfür benötigen Sie dann eine passende Unterlage und veredeln diese mit Edelreisern Ihres Obstbaumes.

Zum anderen könnte es aber auch sein, dass Sie einen soliden Baum im Garten stehen haben, der gute Wuchseigenschaften aufweist, und Sie möchten …

  • … lieber eine andere Sorte.
  • … mehrere Sorten an einem Baum, um im Garten wertvollen Platz zu sparen, ohne an Vielfalt einzubüßen.
  • … die gut gedeihende Unterlage nutzen, um suboptimale Standortbedingungen für Ihre gewünschte Sorte auszugleichen.

In diesen Fällen nutzen Sie einen vorhandenen Baum als Unterlage und veredeln diesen mit Edelreisern der gewünschten Sorte um. 

Allgemeine Vorteile der Veredelung von Bäumen liegen unabhängig von Ihrer persönlichen Zielsetzung darin, dass diese Technik Ihnen viel Zeit und Aufwand spart. Denn Sie müssen die neue Pflanze nicht aus einem Samen ziehen und können die Vorteile der Unterlage für sich nutzen. Zudem bilden manche Ziergewächse überhaupt kein keimfähiges Saatgut aus. Und viele Obstbäume lassen sich durch die Bestäubung nicht sortenecht aus einem Samen heraus vermehren. Die vegetative Vermehrung von Bäumen durch eine Veredelung ist daher oft unerlässlich.

Tipp: Hier erfahren Sie mehr über Bäume und Sträucher im Garten. 

Welche Bäume kann man miteinander veredeln?

Sie können keinen Apfelreis auf einem Walnussbaum veredeln. Warum nicht? Beim Veredeln ist darauf zu achten, dass die kombinierten Pflanzen ein ähnliches Erbgut tragen. Man nutzt also genetisch verwandte Wildformen oder Kulturformen als Unterlage für die Edelreiser

Sind Unterlage und Reis nicht verwandt, wachsen die Reiser nicht an. Wie groß die Übereinstimmung hinsichtlich des Erbguts sein muss, ist jedoch je nach Pflanzenart unterschiedlich. Sie könnten zum Beispiel eine Quitte auf eine Birne, eine Vogelbeere oder einen Weißdorn setzen. Einige Birnensorten wachsen jedoch nicht auf bestimmten Quitten-Zuchtunterlagen. Informieren Sie sich deshalb im Zweifelsfall vorher bei einem Fachhändler.

Mit welchen Verfahren lassen sich Bäume veredeln?

Es gibt viele verschiedene Veredelungsmethoden für Bäume. Bei allen Veredelungsmethoden sollten Sie jedoch für ein gutes Gelingen die Pflanzenhygiene einhalten. Dafür ist es wichtig zu wissen, dass Sie die Schnittflächen nicht berühren dürfen und dass Sie Werkzeuge wie beispielsweise Gartenscheren ggf. zwischen den Arbeitsschritten in einer Lösung desinfizieren. Andernfalls können Krankheitserreger über die Schnittstellen eindringen. Aus diesem Grund eignen sich zum Beispiel auch regnerische Tage nicht zum Schneiden und Veredeln.

Bevor Sie mit der Veredelung beginnen, ist es außerdem auch wichtig zu prüfen, ob Sie den Sortenschutz berücksichtigen müssen. Denn auch für Pflanzenzüchtungen gibt es ein Urheberrecht, das durch das Bundessortenamt geschützt wird. 

Die drei gängigsten Veredelungsmethoden, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen werden, sind:

  • Kopulation,
  • Pfropfung,
  • und Okulation.

Im Wesentlichen entscheidet man je nach Stärke der Unterlage und des Edelreises, welche Methode zum Einsatz kommen soll

Kopulation

Die Kopulation eignet sich dann, wenn Unterlage und Edelreis einen ähnlichen Durchmesser haben. Also zum Beispiel, wenn Sie einen Reis von Ihrem Apfelbaum geschnitten haben und ihn mit einer erworbenen Unterlage aus einer Baumschule verbinden möchten.

Im Großen und Ganzen werden bei der Kopulation beide Pflanzenteile schräg angeschnitten. Dann werden die Schnittflächen aufeinander gelegt und mit einem Faden oder einem Gummiband verbunden. Die Wunden werden anschließend mit Baumwachs versorgt und geschlossen.

Beim Anschneiden der Unterlage und des Edelreises gilt es darauf zu achten, dass sich auf der Rückseite der Schnittstelle je ein Auge befindet. Denn diese Stellen eignen sich besonders gut zum Anwachsen. Ihre Unterlage sollte auf ca. 30–40 cm gekürzt werden. Das Edelreis besteht aus einem einjährigen Trieb und besitzt im Idealfall fünf Augen.

Pfropfung

Ist die Unterlage deutlich stärker bzw. dicker als das Edelreis, sollten Sie sich für das Pfropfen von Bäumen entscheiden. Zum Pfropfen beschneiden Sie zunächst die Unterlage. An den Pfropfköpfen, also den Schnittstellen des Rückschnitts, setzen Sie nun die Edelreiser ein. Dafür nehmen Sie mit einem sehr scharfen Messer ein Längsschnitt vor, der die Rinde des Baumes durchtrennt. Beim Herausziehen drehen Sie das Messer leicht, sodass sich die Rinde ablöst. Anschließend schieben Sie das Pfropfreis hinein, sodass die Schnittfläche nicht mehr oder nur noch sehr geringfügig zu sehen ist. Abschließend sollten Sie die Veredelungsstelle verbinden und mit Baumwachs versorgen.

Ein Pfropfreis hat drei bis vier Augen. Um ihn zurechtzuschneiden, nehmen Sie auf der Rückseite der untersten ruhenden Knospe einen schrägen Schnitt vor. Die Schnittfläche sollte vier- bis sechsmal so lang sein, wie der Durchmesser des Reises. Auf der anderen Seite entfernen Sie einen Streifen der Rinde, um das Anwachsen zu erleichtern. Oberhalb des obersten Auges schneiden Sie den Trieb gerade ab.

Okulation

Beim Okulieren wird kein ganzer Trieb, sondern lediglich eine Knospe, also ein Auge, in die Rinde der Unterlage eingesetzt. Diese Methode eignet sich, wie das Pfropfen, vor allem dann, wenn Ihre Unterlage stärker ist als das Reis.

Wenn Sie beispielsweise durch Okulation Ihren Kirschbaum veredeln möchten, nehmen Sie zunächst einen T-förmigen Schnitt an der Unterlage vor. Dann biegen Sie die Rinde vorsichtig auf und schieben das Auge in die entstandene Tasche. Wie bei allen Veredelungsmethoden wird die Veredelungsstelle nach der Okulation verbunden. Achten Sie jedoch darauf, dass die Knospe frei bleibt, denn hier soll sich ja Ihr neuer Trieb bilden.

Das Auge zum Einsetzen erhalten Sie aus einem einjährigen Trieb. Sie schneiden es flach mit einem Okuliermesser heraus. Idealerweise ist die Schnittfläche bei Obstbäumen ungefähr 2–4 cm lang.

Der richtige Zeitpunkt: Wann sollte man Bäume veredeln?

Der ideale Zeitpunkt für die Veredelung eines Obstbaumes durch die Kopulation ist die Ruhephase der Pflanze. Besonders bewährt hat sich für diese Veredelung der Monat Januar. Oft werden Edelreiser bereits Ende Dezember geschnitten. Bis zur Veredelung werden sie dann kühl und feucht, aber nicht nass gelagert. Sie können es beispielsweise in feuchten Sand stecken und im Keller aufbewahren.

Der beste Zeitpunkt, um zu pfropfen, ist das Frühjahr. Hier steht die Unterlage im Saft und die Rinde lässt sich besonders gut lösen. Auch beim Okulieren ist das Ablösen der Rinde von Bedeutung. Die Okulation wird üblicherweise im Sommer durchgeführt.

Fazit: Darum lohnt es sich Obstbäume und Co. zu veredeln

Wie Sie erfahren haben, gibt es viele Gründe, aus denen es sich lohnt, Veredelungstechniken zu kennen und zu nutzen. Einige Techniken wie das Okulieren erfordern zwar ein wenig Übung und Fingerspitzengefühl, aber sobald Sie sie beherrschen, können Sie Ihre Bäume sortenecht vermehren. Dabei sparen Sie wertvolle Zeit, nutzen die positiven Eigenschaften der Unterlage für Ihre Zwecke und es gelingt Ihnen, Bäume zu ziehen, die Ihren Wünschen und Ansprüchen entsprechen.